Man erlebt in zwanzig Jahren Apotheke allerlei, ein paar Geschichten vergißt man schnell, andere bleiben länger.
Der Notdienst ist natürlich immer für Stories gut. Unvergessen, weil ich keine Chance hatte mich zu verteidigen, war der höchst empörte Anruf den ich auf meinem AB vorfand, als ich so gegen 8:15 zum Sonntagsdienst einlief. „Es ist fünf nach acht, wir stehen vor ihrer Apotheke und sie sind noch nicht da! Wir werden uns über sie beschweren!“ Unser Dienst beginnt allerdings erst um halb neun, was auch auf meinem Aushang deutlich (danach sogar in fett) zu lesen war.Oder jetzt vor Weihnachten, die Kundin, die nur auf mich zu ging, mir eine Schachtel Merci in die Hand drückte und sagte, „Ich möchte mich nur bei Euch bedanken.“ Sprach’s und ging wieder. Ich konnte eben noch ein „Danke sehr“ rausbringen.
Viele Varianten von: „Haben sie keine Kalender/Geschenke/Proben für mich?“ Wahlweise mit „Ich bin so ein guter Kunde hier/habe für so viel Geld eingekauft.“ Letzteres hatte ich gestern. Sie hatte für ca. 65€ Waren, löste dafür noch den 10% Gutschein ein, der nur noch bis 31.12. gültig war, und forderte dann noch etwas für den Hals zum lutschen. Das könne man doch verlangen, wenn man für so viel Geld eingekauft hat. Daß wir ihr schon 6,50€ geschenkt hatten, war wohl unter den Tisch gefallen…..
Auch unvergessen, weil den Mann in zwei Notdiensten hintereinander bei mir aufschlug. Beim ersten Mal ein etwas panischer Anruf: „Meine Mutter hat aus versehen ein Glas Verdünntes Spüli getrunken.“ Nicht ganz zum Glück, aber so zwei drei Schlucke waren es schon. Wie so etwas überhaupt passieren kann? Da will ich gar nicht drüber nachdenken….Die Lösung für so etwas ist allerdings denkbar einfach: Sab Simplex hinterher, die Hauptgefahr ist, daß es schäumt und man den Schaum dann einatmet. Er soll kommen und Sab Simplex holen. Damit war es am Telefon aber noch nicht getan, er schilderte in den kleinsten Einzelheiten das Geschehen, sagte mir die Marke ! des Spülmittels, etc. Als er dann mit Mutter im Schlepptau erschien, hatten sie ungelogen die Flasche dabei….Bei Pril müssen sie die ganze Fasche Sab trinken, beim Aldi-Spülmittel reicht die halbe?
Die zweite Begegnung mit ihm hatte ich im Samstags-Notdienst darauf, da war er in der Notfall Ambulanz aufgeschlagen und hatte ein Rezept über u.a. ein Beruhigungsmittel, in einer Dosierung, die ich nicht da hatte. Es waren verordnet fünf Millligramm, ich hatte nur zwei Milligramm Tabletten da. Er hatte seine Muter geschickt um das Rezept einzulösen. Ich erklärte ihr also, daß ich ihr die zwei Milligramm Tabletten mitgebe, er möge bitte zweieinhalb Tabletten nehmen und er so über das Wochenende versorgt ist und er am Montag sich dann von seinem Arzt ein neues Rezept ausstellen lassen kann. Ich habe sogar eine Kopie der Notfallverordnung mit gegeben, damit der Arzt die Geschichte überprüfen kann. Ich denke zufrieden, dem Patient ist geholfen….Eine Stunde später der empörte Anruf, was das soll, er müsste das x Tage nehmen und will jetzt sein Rezept zurück, er holt es sich dann am Montag. Ich dachte nur: Notfall????? Wohl doch nicht. Unnötig zu sagen, daß er sein Rezept nicht zurück bekommen hat….Aber ich habe verstanden, warum er in der Ambulanz ganz schnell drangekommen ist und warum er Tavor auf dem Rezept hatte.