Es kommt vielleicht manchmal nicht wirklich rüber, aber doch, ich bin sehr gerne Apothekerin und gehe gerne zur Arbeit. Ich bin über ziemliche Umwege zur Pharmazie gekommen. Als ich Abitur gemacht hatte, war mir der Gedanke an Pharmazie ungefähr so fern, wie die Erde vom Mond. Erst als ich nach vier Semestern „Allgemeine und vergleichende Literaturwissenschaften, Geschichte und Philosophie“ von meiner Mutter gefragt wurde, was ich denn mal werden möchte, begann ich mir überhaupt Gedanken um meinen zukünftigen Beruf zu machen. Es brauchte dann die Mutter meines damaligen Freundes, selber Apothekerin, die mich auf die Idee brachte Pharmazie zu studieren. Meine Berufsvorstellungen gingen von Kostümbildnerin über Krankengymnastik bis zu Journalistin.Der Beginn war erstmal etwas holperig. Einen Studienplatz hatte ich sofort mit der ersten Bewerbung, aber mit den Naturwissenschaften und dem verschulten System hatte ich Schwierigkeiten. Ersteres gab sich bald, analytisches, logisches Denken liegt mir, das System dagegen blieb mir ein Graus. Ich war mit Sicherheit die unbrävste Erstsemesterin meines Jahrgangs. Mein praktisches Jahr machte ich komplett in einer öffentlichen Apotheke – Pharmaziepraktikanten müssen sechs Monate in einer öffentlichen Apotheke Praktikum machen, weitere sechs Monate können in der Industrie, Klinik o.a. absolviert werden. Und es gefiel mir. Ich mag Menschen – auch wenn ich sie als anstrengend empfinde – ich helfe gerne, ich liebe es Aufgaben oder Probleme zu lösen. Ich mag es gute Laune zu verbreiten und andere zum Lachen zu bringen und mich interessiert das Fach.
Die Arbeit in der Apotheke ist enorm vielfältig. Wir sind Klagemauer und Geheimnisträger, nichts Menschliches ist uns fremd oder peinlich (naja, fast nichts). Ich werde heute nach einem pflanzlichen Mittel für Prostatabeschwerden gefragt und muß morgen eine Anfrage nach einem neuen Medikament gegen Alzheimer recherchieren. Eben kommt die Mutter mit dem zahnenden Säugling, dann jemand mit hartnäckigen, rezidivierenden Harnwegsinfekten, danach der Stammkunde, der eben seine Frau verloren hat und bedankt sich bei uns für die gute Begleitung, die wir seiner Frau gegeben haben. Ich muß Hoffnungen auf das neue, ganz tolle Abnehmmittel totschlagen und kann gleich beim nächsten Kunden Linderung von Schmerzen in Aussicht stellen. Ich höre die abstrusesten Theorien über „die Pharmalobby“ und lerne beim nächsten Kunden ein tolles Rezept für Eierlikör. Ich kann meine analytischen, logischen Fähigkeiten einsetzen, aber ich brauche auch Empathie, Phantasie und Improvisationsvermögen. In einem Moment muß ich ganz Naturwissenschafterlin sein und im nächsten menschlicher Kummerkasten.
Und erst die Fortbildungen! Ich lerne gerne, und finde es klasse etwas zu verstehen. Da gibt es Kollegen, die auch um sieben Uhr abends noch so begeistert sind, daß sie den ganzen Saal mitreißen und ich es gar nicht erwarten kann wieder in die Apotheke zu kommen, um das gelernte umzusetzen. Es gibt „Aha!“ Momente, die die, wenn sie sichtbar wären, die Flutlichtanlage eines Fußballfeldes ersetzen könnten (kurz, aber dennoch), und das Schöne ist: je mehr ich lerne und weiß um so häufiger habe ich sie, weil ich immer mehr miteinander verknüpfen kann. Ich lehre auch gerne, und wir haben immer wieder Praktikanten (so auch im Moment), an die ich mein Wissen weiter geben kann.
Und schließlich natürlich noch meine Kolleginnen. Wir sind ein tolles Team. Nach acht Jahren Vertretung hatte ich viel erlebt. Teams, die super waren (meine Ostfriesen vermisse ich heute noch!), Teams die ok waren und die, wo es einfach nur unerfreulich war und ich mir immer sagte: noch x Tage,und dann kann ich nie mehr, wenn die noch mal fragen.
Und jetzt ihr: warum liebt ihr euren Beruf?
Toll geschrieben!
Warum liebe ich meinen Beruf? (Auch Apothekerin, aber das weisst Du ja).
Weil es jeden Tag etwas neues gibt,
weil ich (auch deshalb) immer etwas dazu lerne,
weil ich auf meiner (vielleicht kleinen) Ebene, direkt etwas im Leben eines Menschen bewirken kann – zum Besseren,
weil das manche von diesen Menschen auch merken und dankbar sind (und das zeigen),
weil die Arbeit im Team Spass macht – und meist auch die Zusammenarbeit mit den Ärzten und anderen, mit denen man zu tun hat,
weil ich neben dem Beruf noch Familie haben kann – und in Teilzeit auch etwas davon habe,
… und weil es mir daneben auch immer etwas zum bloggen gibt.
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Finde das auch sehr klasse geschrieben 🙂
Warum ich meinen Beruf liebe (Beruf: Apothekerin, allerdings als Regulatory affairs manager in der Pharmaindustrie):
– ich darf meine Nase ungestraft in wirklich jeden Schritt des Herstellprozesses der Firma stecken, da die alle für die Zulassung relevant sein könnten (aka meine krankhafte chronische Neugier befriedigen)
– Diverses Fachwissen anwenden (freut mich immer 😉 wenn plötzlich bei einer Bewertung eine Karl-Fischer-Titration vorkommt oder man über die Relevanz von Sprengmittelanteil-Erhöhungen nachdenkt)
– Kontakt mit Kunden (andere Firmen, die unsere Produkte verkaufen möchten oder für die wir herstellen) auf der ganzen Welt, dabei mit Fingerspitzengefühl auf die regionalen Zulassungs- und menschlichen Besonderheiten eingehen…und sich regelmäßig über die absurden Situationen beömmeln)
– Kummerkastentante spielen (Reg. A.- REGelt Alles)
– wunderbares Team (zusammen lachen, hysterisch kreischen und wiederholt bei der Technik fordern, dass endlich die Valiummenge im Trinkwasser der Firma erhöht wird, weil wieder alle durchdrehen)
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